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Nachhaltigkeit – Geschäftsmodelle im Wandel der Werte

von | 06. Oktober 2022 | Allgemein

Immer mehr Konsumenten treffen ihre Kaufentscheidungen unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsgedankens. Dies beginnt bei alltäglichen Entscheidungen rund um den Einkauf von Lebensmitteln und Verbrauchsgütern, setzt sich in mittelfristigen Entscheidungen, wie der Wahl eines nachhaltigen Stromvertrags fort, gilt aber auch für längerfristige Entscheidungen wie die Investition in eine eigene Solaranlage oder die Wahl des zukünftigen Verkehrsmittels (Stichwort: eigener PKW vs. öffentliche Verkehrsmittel).

Diese Konsumentenentscheidungen haben Auswirkungen auf traditionelle Geschäftsmodelle, weil die Unternehmer auf diese eingehen müssen, wenn sie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Nachhaltige Geschäftsmodelle transponieren diese neuen Wertvorstellungen ins Unternehmerische: Nachhaltige Geschäftsmodelle leisten einen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft und bieten kreative Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit wie Klima- und Umwelt, Artenvielfalt und intakte Ökosysteme.

Der Nutzen nachhaltiger Geschäftsmodelle liegt darin, dass sie zu einem verringerten Materialeinsatz und damit Ressourcenverbrauch beitragen. Außerdem verringern sie bei gleichbleibender Verfügbarkeit Platzbedarf und Investitionskosten. Zudem lösen Sie gesellschaftliche Problemstellungen und tragen somit zu einer lebenswerten Umwelt – vor allem für die folgenden Generationen – bei.

Vor allem lassen sich über nachhaltige Produkte und Geschäftsmodelle neue Marktsegmente erschließen. Unternehmen erhöhen zudem ihre Reputation, indem sie zur Verwirklichung gesellschaftlicher Ziele und Interessen beitragen.

Dass nicht nur grüne Start-Ups und Unternehmen mit ihren nachhaltigen Geschäftsmodellen Innovations- und Wachstumstreiber sein können, zeigen die folgenden zwei Beispiele, die sich über nachhaltige Geschäftsmodelle neue Marktsegmente erschließen und gleichzeitig ihre Reputation erhöhen konnten. Dass die Reputation nicht nur im Vertrieb der eigenen Produkte und Dienstleistungen ein wichtiger Treiber ist, sondern auch in der Rekrutierung neuer Mitarbeiter, versteht sich dabei von selbst.

Traditionsmarken im Wandel

Die Rügenwalder Mühle ist bekannt für Wurst und Schinken; das traditionsreiche Familienunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, das 1903 seine „Rügenwalder Teewurst“ auf den Markt brachte, bietet seit 2014 vegetarische und seit 2016 auch vegane Produkte an.

Anfangs war sich die Geschäftsleitung alles andere als sicher, wie die Konsumenten die neuen Produkte aufnehmen würden und auch die Neuausrichtung des Unternehmens war nicht einfach: Die Produktion musste überdacht werden, Prozesse umgestellt, neue Zulieferer gesucht, neue Produkte entwickelt, Supermärkte ins Boot geholt, über innovative Werbung nachgedacht und auch darüber, mit welchen Vorurteilen es konfrontiert werden würde. Ein Vorwurf lautete, die Rügenwalder Mühle sei nur auf schnellen Profit aus. Kritik gab es auch, weil das Unternehmen bei der Einführung der ersten Sojaprodukte zunächst auch Soja aus Südamerika eingekauft hatte. Inzwischen bezieht die Rügenwalder Mühle einen Teil des Sojas vom Verein „Donau Soja“ und arbeitet mit dem „Vegetarierbund Deutschland (VEBU) zusammen.

Anfangs wurde auch kritisiert, dass nur Eier aus Bodenhaltung verwendet wurden – jetzt bietet das Unternehmen neben Produkten mit wenig Ei aus Freilandhaltung auch solche ohne Ei an.

Die Umstellung auf Nachhaltigkeit ist also ein Lernprozess, bei dem es auch Rückschläge geben kann, aber der langfristige Erfolg der strategischen Neuausrichtung gibt der Rügenwalder Mühle recht: 2021 und 2022 wurde das Unternehmen mit dem Konsumentenpreis „Most Trusted Brand“ in der Kategorie „Vegetarische/Vegane Produkte“ ausgezeichnet und 2022 außerdem mit dem renommierten Best Brand Award in der Kategorie „Food & Beverages“.

Und dem ökologischen folgte der ökonomische Erfolg: 2020 und 2021 machte das Unternehmen erstmals mehr Umsatz mit veganen und vegetarischen Produkten als mit klassischer Wurst und ist mit guten 40 Prozent Marktanteil in diesem Segment Marktführer in Deutschland.

Ein weiteres Beispiel für Nachhaltigkeit ist der Schweizer Outdoor-Ausstatter Mammut. Gerade hier ist die Diskrepanz von Naturverbundenheit und Umweltverschmutzung besonders frappant: Die verwendeten Materialien sind zwar perfekt für den Outdoor-Einsatz geeignet, die verwendeten High-Tech-Stoffe bestehen aber aus umweltschädlichen Chemikalien. Diese Erkenntnis führte zu einem Wandel im Geschäftsmodell: Nicht mehr nur der klassische Produktverkauf steht im Vordergrund, sondern Reparaturservice (profitable Verlängerung des Produktlebenszyklus) oder Zweitverwendung (Sharingmodelle, z.B. die zeitweise Miete von Outdoorprodukten oder Second-Hand-Verkauf) erweitern das Geschäftsmodell durch neue Produkte und Services rund um das Thema Nachhaltigkeit.

Mammut stellt vor allem Bekleidung, Klettergurte und -seile her. Seile machen laut eigenen Angaben 13 Prozent des globalen CO₂-Fußabdrucks aus. Das Unternehmen sammelt in seinen Filialen ausrangierte Seile und recycelt sie zu T-Shirts. Mit diesem Kreislaufwirtschaftsprojekt „Close the Loop“ lassen sich im Vergleich zu herkömmlich hergestellten T-Shirts 67 Prozent der CO₂- Emissionen einsparen. Das Projekt erhielt 2021 den „Deutschen Preis für Nachhaltigkeitsprojekte 2021“ in der Kategorie „Prozess – Recycling“, einer Auszeichnung für den besonderen Einsatz im Bereich nachhaltiger Projekte verliehen.

Diese beiden Beispiele zeigen exemplarisch die Macht, die veränderte Wertevorstellungen auf Geschäftsmodelle haben können und dass Unternehmen, die Vorreiter für Nachhaltigkeit sind, darüber eine langfristige und erfolgreiche Marktdifferenzierung erlangen können.

Fazit

Nicht nur Start-Ups können nachhaltige Geschäftsmodelle erstellen und marktfähig machen. Auch gestandene Unternehmen sind in der Lage, sich dahingehend zu entwickeln und komplett neue Märkte zu erschließen. Besonders wichtig dabei ist es, dass Unternehmen diese Transformation als Prozess verstehen und dies auch so kommunizieren. Es wird keine „perfekte“ Lösung auf Anhieb geben! Jede Veränderung hin zu einer nachhaltigeren Lösung ist ein Anfang und somit schon eine Verbesserung zum jetzigen Zustand unserer Wirtschaft. Die Entscheider dürfen also keine Angst vor externen Meinungen (beispielsweise im Social Media Bereich) haben und müssen diesen Weg konsequent beschreiten.

Auch die Frage des ökonomischen Aufwandes einer Transformation muss dabei richtig berücksichtigt werden. Natürlich können gerade zu Beginn dieses Prozesses entweder Mehrkosten durch Forschung/Entwicklung beziehungsweise durch Investitionen sowie Umsatzeinbußen durch veränderte Portfolios entstehen. Diesen Fakt zu unterschlagen wäre fahrlässig. Allerdings muss dabei auch die Zukunftsfähigkeit und die mittelfristige Perspektive berücksichtigt werden. Was passiert, wenn keine Transformation im Geschäftsmodell stattfindet? Sind die bisherig genutzten Ressourcen morgen überhaupt noch verfügbar? Ein aktuelles und eindringliches Beispiel hierfür ist die extreme Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von fossilen Energieträgern aus dem Ausland.

Betrachtet man die klimatischen und politischen Veränderungen, müsste spätestens jetzt jeder Top-Level-Führungskraft klargeworden sein, dass eine Überprüfung und bei Bedarf auch eine Anpassung des eigenen Geschäftsmodells kurzfristig notwendig ist, um langfristig wettbewerbsfähig bleiben zu können. Auf die politischen Rahmenbedingungen zu warten oder sich darauf zu verlassen ist dabei fahrlässig. Packen wir es als an! Jetzt – nicht morgen, denn im globalen Wettbewerb und unter den früher als prognostizieren klimatischen Veränderungen bleibt uns nicht mehr viel Zeit.

Gerne unterstütze ich Sie dabei! Kontaktieren Sie mich gerne. Ich freue mich auf Sie!