Change-Management und seine Veränderungen

Change-Management und seine Veränderungen

von | 02. Dezember 2021 | Allgemein

Agiles Change-Management versus klassisches Change-Management

Im letzten Artikel haben wir die verschiedenen Change-Management-Modelle kurz gestreift. In diesem Beitrag sollen die „klassischen“ Modelle von Lewin und Kotter mit neuen Ansätzen „agilen“ CMs verglichen und ihre jeweiligen Unterschiede aufgezeigt werden. Währende das klassische CM Veränderungen detailliert plant und, der jeweiligen Theorie folgend, umsetzt, zielen agile Methoden eher darauf ab, Veränderungsprozesse schnellstmöglich zu implementieren. Agiles CM hat hingegen das Ziel, sich kontinuierlich zu verbessern und somit einen schrittweisen und andauernden Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit umzusetzen.

Das 3-Phasen-Modell von Lewin

Kurt Lewins (1890-19479) 3-Phasen-Modell war früher maßgeblich und ist auch heute noch von grundlegender Bedeutung. Lewins Modell basiert auf der sog. „Feldtheorie“, wonach in Organisationen immer zwei grundsätzliche „Kraftfelder“ wirksam sind.

Einerseits sind dies Kräfte (Gewohnheit, menschliches Streben nach Sicherheit, Angst vor Veränderungen, aber auch mangelnde Ressourcen), die dem Wandel entgegenstehen und auf dem Status Quo beharren. Diesen stehen solche gegenüber, die Veränderungen provozieren, wie etwa neue Technologien, neue Wettbewerber oder veränderte Geschäftsbedingungen. Für einen Wandel muss nach Lewin das Gleichgewicht zumindest vorübergehend in Richtung der drängenden, für Veränderung stehende, Kräfte verschoben werden. Durch das „Prinzip der Minimierung von Widerständen“ und durch seine strukturierte Vorgehensweise bietet dieses Modell immer noch eine erste Orientierung im Change-Management-Prozess. Kritik richtet sich vor allem, gegen seine zu „unternehmensorientierte“ Sichtweise, die externe Faktoren aus der Unternehmensumwelt nahezu außer Acht lässt und dass er den Wandel eher als statische „Zwischenphase“ zwischen zwei Phasen des Gleichgewichts sieht.

Das 8-Stufenmodell von Kotter

Kotters 8 Stufen-Modell (1996) ist eine Weiterentwicklung des Lewinschen 3 Phasen Modells und ebenfalls ein sehr bekanntes Modell im CM. Kotter kam zu dem Schluss, dass mehr als die Hälfte der von ihm untersuchten Umgestaltungen in Unternehmen noch in der Anfangsphase scheiterten. Um die Ursachen für mangelnde Veränderungsfähigkeit zu identifizieren und häufig auftretende Fehler zu vermeiden, muss ein Unternehmen anhand dieses Modells alle Schritte seines 8-Stufenmodells durchlaufen.

Der Hauptunterschied zu Lewin liegt darin, dass dieser eher auf der Mikroebene der „Organisation“ ansetzt, während sich Kotters Modell mehr auf die Beziehungen zwischen einer Organisation und ihrer Umwelt (Makroebene) bezieht.

Für Kotter hat der Anpassungsdruck der unbeständigen Wirtschaftswelt zentrale Bedeutung; waren Probleme der Umgestaltung bis dato eher nebensächlich, führen die ständigen Veränderungen im Unternehmensumfeld dazu, dass altgedienten Führungskräften heutzutage oftmals die Erfahrungen mit Change-Prozessen fehlen. Für Kotter vollzieht sich sinnvoller Wandel in einem mehrstufigen Prozess, dessen Umsetzung durch erstklassige Führungskräfte gesteuert werden muss. Trotz einigen Kritikpunkten wie dem Fokus auf der Wirkrichtung von oben nach unten (Top-Down) und fehlenden Identifikationskriterien der einzelnen Stufen, stellt sein Modell immer noch einen zentralen, weiterentwickelten Ansatz dar.

Da sich jedoch die Umwelt von Unternehmen immer schneller und häufiger verändert, sind beide Modelle in der Praxis kaum noch anwendbar. Es gilt also neue Wege im Veränderungsmanagement von Unternehmen zu entwickeln und anzuwenden, um langfristig erfolgreich zu sein.

So funktioniert Agiles Change-Management

Im Gegensatz zu Lewin und Kotter strebt agiles CM Veränderungen in kleinen Schritten und unter Einbeziehung der Betroffenen an. Es hilft, komplexe Veränderungsvorhaben in Unternehmen zu planen und zu steuern. Viele Unternehmen setzen auch in der digitalen Transformation auf Stabilisierung und verpassen die Chance, sich weiterzuentwickeln und den Bedürfnissen ihrer Märkte anzupassen. Agiles CM geht mit der Veränderung und denkt Planungsunsicherheiten von Anfang an mit. Es zielt darauf ab, alle von der Veränderung betroffenen Personen in den Prozess zu integrieren. Im Idealfall führen sie die Veränderungen sogar selbst durch.

Das Ergebnis: Schnellere und qualitativ bessere Ergebnisse.

Hierbei bedient sich agiles CM der Schlüsselprinzipien aus dem klassischen CM, wie zum Beispiel den acht Stufen der Veränderung nach Kotter, erweitert sie aber um die drei Prinzipien des

  • Denkens in Experimenten
  • Schnellen Feedbacks
  • und des kontinuierlichen Lernens

Idealtypisch verläuft agiles CM in drei Phasen ab:

  • Kick-off-Meetings zur Formulierung des Veränderungsbedarfs und Integration der Belegschaft
  • Durchführung von Veränderungsexperimenten
  • Retrospektive mit der Auswertung der Veränderungserfolge

Erfolgsfaktoren für agiles Change-Management

Die Hauptvorteile einer agilen Transformation liegen in der richtigen Kommunikation, Absprachen und Zusammenarbeit, der Neuverteilung von Führungsaufgaben (Bottom-Up-Down-Ansatz) und vor allem lässt sie Raum für Experimente, Fehler und Aussprachen. Aufgrund der sich stetig wandelnden Umwelt ist es Unternehmen heute nicht mehr möglich alle Eventualitäten und Risiken einzuplanen. Somit sind schnellere Entscheidungen und kleinteiligere Planungen und Umsetzungen im agilen Veränderungsprozess ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Fazit

Von „oben“ organisierte Change-Prozesse greifen häufig zu spät und/oder gehen an den realen Anforderungen vorbei. Agiles CM wird von „unten“ initiiert und kennt nur Beteiligte, keine Befehlsempfänger. Der Fokus liegt dabei auf einer guten Zusammenarbeit, Eigenverantwortung und einer kontinuierlichen Kommunikation. Eine Beteiligung und Integration der Betroffenen führt zum Abbau von Ängsten sowie einer Erhöhung des Gestaltungsspielraums und baut damit Widerstände ab und macht Verbesserungen leichter umsetzbar. Und schließlich führt die Umsetzung neuer Führungsgrundsätze dazu, dass Führungskräfte nicht mehr nur Treiber sind, sondern sie die Rolle von Veränderungsbegleitern übernehmen. Dies führt unweigerlich auch zu einem Kulturwandel im Unternehmen und sollte entsprechend auch gefördert werden.

Das Anstoßen von Veränderungsprozessen ist somit zwingend für den langfristigen Erfolg von Unternehmen notwendig und kann auch einfach sein. Allerdings sollten Führungskräfte nicht nur auf die klassische Theorie zurückgreifen, sondern sich agiler und integrativer an Veränderungen heranwagen.

Interesse geweckt? Dann freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme.